Vom Welpen zum erwachsenen Hund

Vom Welpen zum erwachsenen Hund

Die ersten Lebenswochen und -monate eines Hundes haben einen entscheidenden Einfluß auf sein ganzes weiteres Leben. Das Wissen um diese einflussreichen Lebensphasen ermöglicht die so wichtige Frühförderung von Welpen und ist die beste Vorbeuge gegen spätere Probleme im Alltag.

Neugeboren

Diese Phase dauert von der Geburt bis zum Öffnen der Augen mit ungefähr 13 Tagen. Hundewelpen sind in dieser Phase vollkommen abhängig und nur die wichtigsten vegetativen Funktionen wie saugen, schlafen, ausscheiden, Wärme suchen – sind zu beobachten. Auf der Ebene der Gehirnentwicklung spielen sich allerdings ganz wichtige Dinge ab:

Das bei der Geburt nur unvollständig entwickelte Gehirn reift weiter und die Zahl der Synapsen vervielfacht sich. Für die weitere Entwicklung des Gehirns in den nächsten Wochen ist der Einfluss der Umwelt ganz entscheidend: Alle Synapsen, die nicht für die Informations-Weitervermittlung (weil aus der Umwelt keine kommt) aktiviert werden, gehen zugrunde!

Das bedeutet, dass Hunde, die ab diesem Zeitpunkt nicht mit möglichst vielen Sinnesreizen konfrontiert werden, ein Defizit in der Gehirnstruktur haben, das nie mehr vollständig aufgeholt werden kann.

Regelmässiges liebevolles Handling für Welpen ist wichtig für deren „Hardware-Ausstattung“. Sogar milder Stress – wie Abwiegen, Lichtreize, Erschütterungen – fördert die Entwicklung und verbessert die Lernfähigkeit im späteren Leben.

Hunde müssen lernen, dass sie Hunde sind

Sobald die Welpen sehen und miteinander spielen, lernen sie ihre Geschwister als Mitglieder der eigenen Art Hund kennen. Diese Identifikationsphase beginnt mit rund 3 Wochen und endet mit 8 bis 17 Wochen. Die sexuelle Prägung ist unabhängig von rassespezifischem Aussehen – daher ist es für Hunde unterschiedlicher Rassen auch kein Problem, Mischlinge zu produzieren.

Sozialisation

Die Sozialisationsphase dauert von 3 Wochen bis 3 Monate. In der Sozialisationsphase findet gleichsam eine abgekürzte Domestikation statt: Ohne Sozialisation wird ein Hund kein Haustier, er bleibt ein menschenscheuer Wildling.

Während der Sozialisationsphase lernt ein Welpe:

  • wer gehört zu meinen Freunden und wird nicht gefressen – Menschen aller Altersgruppen, andere Haustiere
  • wer ist Beute und wird unter passenden Umständen gejagt und gefressen.

Neben der Sozialisation auf Mensch und Tier findet auch eine Gewöhnung an die unbelebte Umwelt statt. Der Hund entwickelt jetzt seine Kennwerte für seine Umwelt wie Geräusche, optische Reize etc., die sein Weltbild entscheidend beeinflussen.

Selbstkontrolle

Welpen haben zu Beginn ihrer Entwicklung keine Kontrolle über die Heftigkeit ihres Zubeissens und ihre Bewegungen.

Beides – Beisskontrolle und Bewegungshemmung – muss erlernt werden.

Ein gebissener Welpe quietscht, dreht sich um und beisst seinen Gefährten, der wieder quietscht und schnell lernt, dass sich Grobheiten im Spiel nicht günstig für ihn auswirken.

Die Erziehung zur Bewegungskontrolle beginnt bereits beim Neugeborenen. Die Hundemutter leckt den Welpen im Genitalbereich, bis er Harn und Kot ausscheidet. Dabei liegt der Welpe halbseitlich oder am Rücken. Ab 5 Wochen beginnt die Mutter spielende Welpen zu zwingen, still seitlich oder am Rücken liegen zu bleiben. Sobald der Welpe bewegungslos ist, lässt ihn seine Mutter wieder frei und er spielt weiter mit seinen Geschwistern. Innerhalb kürzester Zeit hat ein Welpe gelernt, wie er seine Mutter beschwichtigen und seine Freiheit wiederbekommen kann: durch Stillhalten!

Futterrangordnung

In der Entwöhnungsphase ab der 5. Woche haben Welpen freien Zugang zum Futter. Ab der 16. Woche müssen sie lernen, die Warteschlange vor dem Futter zu respektieren, weil erwachsene Hunde mit Drohungen reagieren, wenn sich Welpen vordrängen. Unter sich etablieren Welpen manchmal schon ab der 5. Woche eine Mini-Hierarchie. Im Streit um einen Knochen oder ein begehrtes Futter gibt es klare Sieger und Verlierer. Gegenüber erwachsenen Hunden bleibt diese kleine Rangordnung der Welpen ohne Bedeutung.

Pubertät

Die Zeit rund um die Pubertät ist eine weitere sensible Phase der Entwicklung.

In diesem Alter entwickeln zahlreiche Hunde Phobien, Angst, Ängstlichkeit. Bereits geringfügige unangenehme Erfahrungen führen zu einer Sensibilisierung und durchVorahnung verschlimmert sich die Störung zusehends. So können auch sehr gut sozialisierte Junghunde mit 7 Monaten nach einem einzigen schlechten Erlebnis mit einem Menschen oder einem Hund in kurzer Zeit mit hochgradiger Angst oder Aggression reagieren. Zunächst sind es ähnliche Typen Mensch, z.B. ein Mann oder ein Schäferhund, dann weitet sich diese Reaktion auf alle Männer, dann auf Frauen oder alle schwarzen Hunde aus. Hunde trennen ab nun auch ihre Bekanntschaften in Freunde, die man regelmässig trifft und in Fremde, gegen die man sich abgrenzt und verteidigt.

Das dritte wichtige Ereignis in der Pubertät ist die Hierarchisierung. Bis jetzt waren dem Junghund noch einige Freiheiten erlaubt. Mit zunehmender körperlicher Reife produzieren Junghunde jedoch Duftstoffe – Pheromone – die auf erwachsene Hunde als Provokation wirken. Die Junghunde müssten nun am Rand der Gruppe leben und sich ganz besonders in Zurückhaltung, Beschwichtigung und Unterwerfung üben. Die Pubertät ist für den Junghund eine schwierige Phase – er ist emotional instabil und reagiert unter dem Einfluss von Hormonen und der Veränderungen im Gehirn manchmal unkontrolliert.

Jungerwachsen und Reife

Nach der Pubertät stabilisiert sich die Hierarchie mit zunehmender Reife zwischen 8 Monaten und 3 Jahren; allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Spielregeln auch von den Menschen in der Familien-Meute erkannt und eingehalten werden. In diesem Alter auftauchende Konflikte um die Rangposition werden ernsthaft, mit grosser Leidenschaft und dem Einsatz aller Waffen bestritten.

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